Verzicht auf die konkrete Verweisung

Was bedeutet der Verzicht auf die konkrete Verweisung, wie unterscheidet es sich zur abstrakten Verweisung und für wen ist der Verzicht auf die abstrakte Verweisung sinnvoll?

Besonders für Kammer- und spezielle Berufe gibt es Tarife auf dem Markt, die auf die abstrakte und konkrete Verweisung in der Erstprüfung verzichten. Kammerberufe sind u.a. freie Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, beratende Ingenieure. Mit speziellen Berufen sind  ausgewählte Berufe gemeint, z.B. mit Diplom- oder Masterabschlüssen.

Verzicht auf die konkrete Verweisung für Kammerberufe

Kammerberufe sind freie Berufe, für die besonders strenge standes- und berufsrechtliche Zugangsregelungen gelten und meist auch besondere Regelungen im Bereich der Sozialversicherung, der Ertragsteuer und der Umsatzsteuer bestehen. Kammerberufe findet man in der medizinischen Versorgung, der Rechtspflege oder in der steuerrechtlichen Beratung. Sie unterliegen einer ordnungspolitischen Bedeutung und ergänzen die staatlichen Behörden in ihren Aufgaben, wie z.B. Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder öffentlich bestellte Sachverständige. Ein besonderes Kennzeichen ist in der Regel auch eine Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer (Körperschaft), die meist öffentlich-rechtlich und hier wiederum meist landesrechtlich organisiert ist und Aufgaben der berufsständischen Selbstverwaltung (z. B. Zulassung zum Beruf, Prüfung, Ausbildung) wahrnimmt.

Klassische Kammerberufe sind:

  • Gesundheit: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten
  • Steuer- und Wirtschaftsberatung: Steuerberater, Wirtschaftsprüfer
  • Rechtspflege: Notare, Rechtsanwälte, Patentanwälte
  • Technische Dienstleistungen: Architekten, beratender Ingenieure

Durch die Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungs- und Zusatzkassen besteht ebenfalls eine gesetzliche Absicherung bei Erwerbsminderung und kann sich von Land zu Land und Kammer zu Kammer unterscheiden. Die Absicherung deckt jedoch nicht die Einkommensdifferenz im Leistungsfall. Auch  die Anspruchsgrundlagen sind anders zu bewerten als in der privaten Absicherung. Eine private Absicherung ist in jedem Fall zu empfehlen. Je nach Gesellschaft und Tarif gibt es jedoch unterschiedliche Annahmebedingungen in Bezug auf die Anrechnung der gesetzlichen Anwartschaften.

Verzicht auf die abstrakte Verweisung

Bei einer privaten BU-Absicherung erfolgt die Beurteilung auf den zuletzt ausgeübten Beruf. Es gibt jedoch eine Unterscheidung über die Verweisungsmöglichkeit. Bei einem Verzicht auf die abstrakte Verweisung, verzichtet der Versicherer auf die Möglichkeit die versicherte Person auf eine andere alternative Tätigkeit verweisen zu können, die seinen Fähigkeiten, Kenntnissen und seiner Lebensstellung entsprechen.

Verzicht auf die konkrete Verweisung

Bei einem Verzicht auf die konkrete Verweisung wird nur geprüft, ob die versicherte Person seine bisherige berufliche Tätigkeit und auch keine andere Tätigkeit konkret ausübt, was seine Ausbildung und Erfahrung sowie der bisherigen Lebensstellung entspricht. Der Versicherer leistet also bei einem Verzicht auf die abstrakte und konkrete Verweisung solange der versicherte Beruf (also seine und nicht eine Tätigkeit als ...) nicht konkret ausgeübt werden kann. Dabei ist es unerheblich, ob die versicherte Person eine andere angemessene Tätigkeit bzw. Beruf ausüben kann oder tatsächlich ausübt.

Beispiel: Ein Fachanwalt für Gesellschaftsrecht kann aus gesundheitlichen Gründen seine Tätigkeit nicht mehr als Rechtsanwalt ausüben und ist im Sinn der Bedingungen berufsunfähig. Der Versicherer verzichtet auf die abstrakte und konkrete Verweisung. Nach einer Weile findet jedoch die versicherte Person eine berufliche Tätigkeit in der Geschäftsführung eines Unternehmens und verdient sogar das Gleiche wie vorher, jedoch nicht als Rechtsanwalt. In diesem Fall erhält er vom Versicherer weiterhin seine Leistungen, da er nicht in seinem Beruf konkret tätig ist.

Beamte
Einige Versicherer sehen auch für Beamte einen Verzicht auf die konkrete Verweisbarkeit vor. So kann ein Polizeibeamter der in den Ruhestand versetzt wurde, eine andere Tätigkeit vollwertig ausüben und erhält zusätzlich die vereinbarte BU-/DU-Rente.

Folgen des Verzichts auf die konkrete Verweisung

Ein Verzicht des Versicherers auf das Recht zur konkreten Verweisung hätte somit zur Folge, dass die versicherte Person neben der Rentenzahlung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung auch vergleichbare Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis beziehen könnte und somit zwei vollwertige Einkommen gleichzeitig zur Verfügung hätte. Die versicherte Person wäre damit nach dem Eintritt des versicherten Ereignisses wirtschaftlich besser gestellt als vorher. Da dies nicht dem Sinn und Zweck einer Berufsunfähigkeits(zusatz)versicherung entspricht, zudem man Begehrlichkeiten damit möglicherweise schafft, die zu vermehrten Leistungsfällen führen könnten, ist der Vorteil auf ein Verzicht auf die konkrete Verweisbarkeit fraglich, zudem auch die Versichertengemeinschaft nachteilig belastet werden könnte. Es ist damit zu rechnen, dass auch Versicherer bei einer Unverhältnismäßigkeit zweier Einkommen (das z.B. bei einem zweiten Beruf ein höheres Einkommen erzielt wird) möglicherweise eine Kürzung oder Leistungseinstellung und damit zu Rechtstreitigkeiten führen kann. Inwieweit der Verzicht auf die konkrete Verweisung somit einen Vorteil darstellt, bleibt Ansichtssache.

Hinweis zur Erst- und Nachprüfung

Verzichtet der Versicherer in der Erstprüfung auf die konkrete Verweisung, aber kann in der Nachprüfung wieder abstrakt oder konkret verweisen, so ist dies nachteilig zu bewerten. Je nach Schwere der Berufsunfähigkeit könnte somit z.B. eine jährliche Nachprüfung erfolgen.


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