Friseur 360x420Ausnahmen bei der Prüfung auf Umorganisation  

Regelmäßig ist das größte Problem bei Selbstständigen die Prüfung auf Umorganisation und führt oft zur Überforderung des Versicherten.  

Es gibt jedoch Ausnahmen, selbst dann, wenn der Versicherte mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt. Das OLG Dresden hat am 22.02.2022 ein entsprechendes Urteil zugunsten des Versicherten gefällt.  

Der Fall: Umorganisation eines Friseurmeisters  

Zu beachten ist, dass das Urteil immer eine Einzelfallentscheidung ist und nicht pauschalisiert auf andere Fälle übertragen werden kann. Aber das Urteil liefert Informationen über die Prüfung und auf was zu achten ist. Der Friseurmeister hatte bis zu 19 Mitarbeiter beschäftigt und ist vom Grunde nach dazu prädestiniert, aufgrund der Prüfung auf Umorganisation keinen Leistungsanspruch geltend machen zu können.  

Der Versicherte erkrankte an einer Fibromatose der Strecksehnen an den Hände (gutartige Bindegewebewucherung). Nach der Operation blieben jedoch starke Schmerzen zurück, da sich Knoten und eine Verdickung der Sehnen sich bildeten. Der Versicherer hatte vorinstanzlich einen Leistungsanspruch abgewehrt mit der Begründung, dass der Friseurmeister bei einer Umorganisation seines Betriebes ein zumutbares Tätigkeitsfeld von mehr als 50 % verbliebe.  

Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass der Friseurmeister zu 76 % außerstande ist, seine bisherigen Tätigkeiten als Friseurmeister auszuüben. Aber der Friseurmeister konnte folgende bedeutungsvolle Punkte nachweisen:

  1. Der Beruf des Friseurs ist durch ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Friseur geprägt. Der Kunde ist in der Regel auf seinen Friseur fixiert und folglich ist es Kunden nicht gleichgültig, von welchem Friseur dieser sich im Salon bedienen lassen wird.
  2. Der Friseurmeister kann auch seine Mitarbeiter nicht schulen und auf neue Modetrends berücksichtigen, wenn er nicht selbst am Kunden arbeiten kann.
  3. Würde der Friseur nur auf organisatorischen Tätigkeiten reduziert, würde auch die Leitungsfunktion und Akzeptanz als Betriebsinhaber nicht mehr gegeben sein.
  4. Auch andere Tätigkeiten könnten dem Versicherten trotz bleibenden Direktionsrechts nicht zugemutet werden (z. B. als Rezeptionist), da die prägenden Merkmale seines Berufes als Friseurmeisters nicht erfüllt werden. Zudem würde der Versicherte zunehmend an Kompetenz und Glaubwürdigkeit verlieren.

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